Begriff und Bedeutung
Rz. 1
a) Nach dem Werkvertrag ist der Unternehmer zu Erstellung eines Werkes und der Besteller zur Bezahlung der Vergütung verpflichtet (siehe
Werkvertrag oder
Handwerkervertrag).
Die Vergütung kann ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden (siehe
Vergütung).
b) Möglich ist, dass der Unternehmer keinen konkreten Preis als Vergütung angibt, sondern lediglich eine Kostenschätzung (Kostenanschlag). Der Kostenanschlag ist eine Vorkalkulation (Schätzung) des Unternehmers über die Kosten der Werkleistung. Dadurch erhält der Besteller eine Vorstellung über die Kosten des Werks.
Teilweise werden Kostenanschläge vom Besteller mit verschiedenen Wahlmöglichkeiten (Optionen) bestellt, um die wirtschaftlichste Möglichkeit zu ermitteln.
Bei einem Kostenanschlag ist zwischen einem
- verbindlichen Kostenanschlag und
- unverbindlichen Kostenanschlag
zu unterscheiden.
Beim verbindlichen Kostenanschlag (verbindliche Kalkulation, Schätzung) ist der Unternehmer an die Preismitteilung an den Kunden gebunden. In diesem Fall sind Mehrforderungen ohne Zustimmung des Bestellers ausgeschlossen. Rechtlich liegt eine Garantie hinsichtlich der Richtigkeit der Kalkulation vor. Nimmt der Besteller diese Angebot an, liegt eine konkrete Vergütungsvereinbarung vor. Die Gewähr der Richtigkeit der Kalkulation wird Vertragsinhalt (vgl. OLG Saarbrücken, 19.11.2014 - 2 U 172/13), z.B. beim Pauschalpreis. Die Parteien haben sich auf einen Preis festgelegt, es liegt eine Vergütungsabrede vor.
Beim unverbindlichen Kostenanschlag ist der Unternehmer an die Preismitteilung nicht gebunden. Ein unverbindlicher Kostenanschlag enthält oft Regelungen wie cira oder ungefähr. Der Unternehmer übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit des Kostenanschlags. Akzeptiert der Besteller die unverbindliche Kostenschätzung und kommt es zum Vertragsschluss, dann bildet der unverbindliche Kostenanschlag die geschäftliche Grundlage (Geschäftsgrundlage) des Vertrags (vgl. OLG Saarbrücken 2 U 172/13). Beide Parteien sind sich einig, dass die Werkleistung im Rahmen der Kostenschätzung erfolgen sollen, gering Abweichungen sind zulässig. Eine Vergütungsvereinbarung (zu einem entgültigen Preis) besteht nicht. Geringe Mehrkosten sind zulässig.
Eine Kostenschätzung mit einer festen Obergenze beinhaltet rechtlich einen konkreten entgültigen Preis, so dass eine konkrete Vergütungsvereinbarung anzunehmen ist (vgl. OLG Saarbrücken aaO). Die Überschreitung der Obergenze ist unzulässig.
Beginnt der Unternehmer mit der Ausführung des Werkvertrags und ist eine wesentliche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen (
§ 649 Abs. 2 BGB@). Der Besteller kann dann wählen, ob er eine Weiterarbeit zulässt und die Mehrkosten bezahlt oder kündigt. Bei einer Kündigung kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung verlangen (
§ 649 Abs. 1 BGB@).
Eine wesentliche Überschreitung ist anzunehmen, wenn der neue Preis so hoch ist, das der Besteller den Werkvertrag nicht abgeschlossen hätte. Die Toleranzgrenze ist abhängig vom Einzelfall. Eine Erhöhung von bis 15 % soll nach der Literatur hinnehmbar sein.
Hat der Unternehmer den Kostenanschlag bewusst zu niedrig angesetzt, um den Auftrag zu erhalten, bedarf es eine Einzelfallbetrachtung (siehe Kostenüberschreitung,
Rz.2).
c) Eine Vorkalkulation nimmt Arbeitszeit in Anspruch. Ein Kostenvoranschlag erfolgt im Zweifel unentgeltlich (
§ 632 Abs. 3 BGB@). Ein Kostenvoranschlag ist im Zweifel kostenfrei. Möchte der Unternehmer für die Vorarbeiten eine Vergütung, muss dies ausdrücklich vereinbart werden.
Oft wird für Kostenvoranschläge eine Pauschale berechnet, die bei Erteilung des Werkauftrags mit dem Rechnungsbetrag für die erbrachte Werkleistung verrechnet wird.
d) Bei bestimmten Leistungen am Bau ist der Kostenanschlag eine Grundleistung des Bauplaners.
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Rz. 2 >>