Trunkenheit und Rausch
Rz. 3
Eine Trunkenheit kann eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit zur Folge haben. Eine durch Trunkenheit hervorgerufene Störung der Geiststätigkeit kann dazu führen, dass die freie Willensbestimmung ausgeschlossen und die Willenserklärung nichtig ist.
Nichtig ist eine Willenserklärung, die im Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird (
§ 105 Abs. 2 BGB@). Zusätzlich wird vom BGH gefordert, dass die Störung der Geiststätigkeit dazu führen muss, dass die freie Willensbestimmung ausgeschlossen ist (vgl. BGH, 05. Juni 1972 - II ZR 119/70; unter I).
Der Ausschluss der freien Willensbestimmung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift für die Nichtigkeit einer Willenserklärung nicht erforderlich. Dieses Erfordernis (Ausschluss der freien Willensbestimmung) ergibt sich nach dem BGH aus
§ 104 BGB@. Danach ist eine Person
geschäftsunfähig und kann nach
§ 105 Abs. 1 BGB@ keine wirksame Willenserklärung abgeben, wenn sie sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet (vgl.
§ 104 BGB@). Nach dem BGH bedeutet dies, dass nicht jede geistige Störung zur Unwirksamkeit einer Willenserklärung führen kann. Führen dauerhafte geistige Störungen, die die freie Willensbestimmung nicht ausschließen, nicht zur Geschäftsunfähigkeit nach
§ 104 BGB@ und somit nicht zur Unwirksamkeit einer Willenserklärung, dann muss dies erst recht bei vorübergehenden geistigen Störungen gelten (vgl. BGH aaO, unter I), d.h. nur solche vorübergehenden geistigen Störungen, die zusätzlich die freie Willensbestimmung ausschließen, führen nach
§ 105 Abs. 2 BGB@ zur Unwirksamkeit einer Willenserklärung.
Die freie Willensbestimmung fehlt bei der Abgabe einer Willenserklärung nur dann, wenn sie nicht nur geschwächt und gemindert, sondern völlig ausgeschlossen ist. Eine hochgradige alkoholbedingte Störung genügt nicht ohne weiteres (BGH, 05. Juni 1972 - II ZR 119/70unter III). Es bedarf weiteren Feststellungen im Einzelfall. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob bei einer alkoholisierten Person eine Trunksucht vorliegt.
Nach dem BGH kann eine krankhafte Trunksucht dazu führen, dass eine Person eine Willenserklärung abgibt (z.B. Unterschrift leistet), weil die Person erwartet, dass darauf getrunken wird oder sie deswegen Alkohol bekommt. Die auf eine Trunksucht beruhenden Vorstellungen (Begehrensvorstellungen) können vorübergehend so stark werden, dass die kranke Person nicht im Stande ist vernünftige Überlegungen anzustellen, weil die Aussicht auf Alkohol jede vernünftige Überlegung unmöglich macht (BGH, 05. Juni 1972, unter IV). In einem solchen Moment kann die freie Willensbestimmung ausgeschlossen sein.
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