Begriff und Bedeutung
Rz. 1
a) Ein Vertrag erfordert übereinstimmende Willenserklärungen, das sind das Vertragsangebot und die Annahme. Mit der Annahme des Angebots kommt es zum Vertragsschluss.
Das Vertragsangebot wird im BGB als Antrag bezeichnet.
b) Mit dem Antrag wird einem anderen die Schließung eines Vertrags angetragen.
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat (
§ 145 BGB@). Die Gebundenheit betrifft die zeitliche Dauer des Antrags. Ist der Antrag bindend, bleibt der Antragende nach Zugang des Antrags beim Erklärungsempfänger an den Antrag vorübergehend gebunden. Der Erklärungsempfänger hat eine Überlegungsfrist, der Antragende kann z.B. bei einem Verkaufsangebot nicht einseitig den Kaufpreis ändern. Der Antragende kann die Gebundenheit auch ausschließen, z.B. durch einen Widerrufsvorbehalt. Dann ist der Antrag nach dem Zugang beim Adressaten jederzeit widerruflich. Möglich ist auch eine zeitliche Befristung der Bindung des Antrags (siehe
Gebundenheit).
Die Annahme ist die Zustimmung zum Angebot. Die Zustimmung besteht in dem Wort "ja". Mit der
Annahme des Angebots kommt es zum Vertragsschluss(siehe
Vertragsschluss).
Durch die Annahme des Angebots (Antrags), wird der Inhalt des Angebots zum Inhalt des Vertrags. Vertragsverhandlungen über den Inhalt des Vertrags, sind Verhandlungen über den Inhalt des Antrags (Angebots). Inhalt des Antrags sollte beispielsweise sein, Name und Anschrift der Parteien, der Vertragsgegenstand, Preis, Zahlungsmittel (siehe Beispiel für
Inhalt).
c) Der Antrag muss gegen einen anderen gerichtet sein (
§ 145 BGB@). Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kann der Antragende den Antrag nicht an sich selbst richten. Ein Vertrag setzt deshalb zu seiner wirksamen Entstehung begrifflich mindestens zwei Willenserklärungen verschiedener
Rechtssubjekte (Vertragsparteien) voraus (BGH, 27.08.2016 – VIII ZR 100/15, Tz. 21).
Der Antragende kann den Antrag an eine andere konkrete Person (z.B. Freund) oder jedermann richten (z.B. Aufsteller von Zigarettenautomaten richtet Angebot an Unbekannte).
d) Ein Angebot bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form. Ein Angebot kann z.B. mündlich, telefonisch, durch Brief, Fax, Email abgegeben werden.
e) Ein Angebot muss so konkret sein, dass die Leistung bei Vertragsschluss zu mindestens bestimmbar ist und der Annehmende nur noch "ja" zu sagen braucht (OLG Düsseldorf, 19.05.2016 - I-16 U 72/15 unter II.B.1a). Fehlt es der Erklärung an der eindeutigen Bestimmbarkeit der Leistung, liegt kein Antrag vor und es kann zu keinem Vertragsschluss kommen. Denn der Schuldner kann nicht zu einer unbestimmten Leistung verpflichtet werden.
Ob ein Antrag unbestimmt ist, ist durch Auslegung der Erklärung festzustellen. Da der Antrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, kommt es auf die Sicht des Adressaten an (Sicht des objektiven Erklärungsempfängers). Maßgebend ist, wie er die Erklärung des Antragenden verstehen durfte.
f) Wird ein Angebot per elektronisches Bestellformular von einer Webseite (über ein Buchungs- oder Bestellsystem) an ein Unternehmen versendet, dann stellt sich die Frage, ob die abgegebene Erklärung (Antrag) aus der Sicht des elektronischen Systems (des Unternehmens) oder aus der Sicht eines Menschen auszulegen ist, z.B. buchen eines Fluges über eine Flugbuchungswebseite. Nach dem BGH ist maßgeblich, wie der menschliche Adressat die jeweilige Erklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte verstehen darf (BGH, 16. 10. 2012 – X ZR 37/12; Leitsatz).
g) Ein Angebot kann
——befristet (siehe befristet,
Rz.10) oder
——unbefristet (siehe unbefristet,
Rz.12)
—-freibleibend (siehe freibleibend,
Rz.6)
—-unverbindlich (siehe freibleibend,
Rz.6)
sein.
h) Kein Angebot liegt regelmäßig vor, wenn eine Angebotserklärung erkennbar mit zwei Unterschriftszeilen abschließt und die Unterschrift des Anbieters fehlt (vgl. OLG Nürnberg, 06.08.2020 – 13 U 4391/19).
Enthält das Schreiben einen Hinweis auf die AGB, die eine Schriftformklausel enthält, dann ist anzunehmen, dass der Anbieter nur unter Wahrung der Schriftform eine verbindliche Erklärung abgeben will. Fehlt die Unterschrift, dann liegt nach dem OLG Nürnberg lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots vor, aber keine verbindliche Erklärung des Anbieters (vgl. OLG Nürnberg aaO, unter II.1b.bb-cc). Unterschreibt der Adressat die Erklärung, gibt er ein verbindliches Angebot ab. Für einen Vertragsschluss ist eine Annahmeerklärung des AGB-Verwenders erforderlich.
i) Für einen Antrag sind von Bedeutung:
- Bestimmtheit des Angebots
- Ausschluss der Gebundenheit
- Annahme innerhalb der Annahmefrist
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Rz. 2 >>